Der Sommerurlaub findet dieses Jahr wieder recht spät statt. Spanien ist gesetzt. In welche Region es geht, hängt vom Wetter ab. Valencia meldet derzeit sommerliche Temperaturen, das Meer ist nah und das Hinterland bietet vielfältige Möglichkeiten für Radtouren. Ab Samstag, 21. September darf geraten werden, wo wir sind.
Samstag 21. September

Frage an alle Physiker und Ingenieure unter den Lesern: Was passiert, wenn der Blitz in einen der 3 Bäume einschlägt, an denen das Hängezelt befestigt ist? Zusatzfrage: Ist die Überlebenschance höher, wenn sich zwischen dem Zeltboden und dem Schlafenden eine Luftmatratze befindet?
Offensichtlich haben wir die Nacht überlebt.
Ein Baumzelt bietet auch Vorteile bei Starkregen. Solange die Wasserhöhe unter dem Zelt niedriger als die Einstiegshöhe ist (aktuell etwa 1 Meter), machen wir uns keine Sorgen wegen Wasser im Zelt.
Das Bild dient der Auflösung der Eingangsfrage und wurde vor dem Gewitter aufgenommen. Inzwischen haben sich alle Wolken verzogen und wir machen uns bei strahlendem Sonnenschein auf zur ersten Radtour.
Sonntag, 22. September

Nach einem entspannten spanischen Frühstück im Campingplatz-Restaurant möchten wir uns erst mal einen Überblick verschaffen. Was ist dazu besser geeignet, als die Einsiedelei Ermita Santa Lucía y San Benet auf 312 Metern Höhe?

Auf unserer Fahrt testen wir Straßen und Wege unterschiedlicher Kategorien. Nicht immer sind die Folgen des nächtlichen Regengusses schon verschwunden.

Montag, 23. September
Nach ein wenig Recherche kennen wir die rutas turísticas para ciclistas. In der Nebensaison an Werktagen wenig befahrene touristische Strässchen mit allen für Radfahrer wichtigen Informationen.

Wir befinden uns in der Auffahrt zur Dessert de las Palmes, die uns auf 422 Metern über Meereshöhe erwartet. Bis nach oben sind es noch 3,6 km, auf dem nächsten Kilometer erwartet uns eine durchschnittliche Steigung von 4,7%. 239 Höhenmeter haben wir schon geschafft, 183 warten noch auf uns.
Die gesamte Tour ging über 74 km, 850 Höhenmeter und dauerte 4 Stunden.
Dienstag, 24. September
In 3 Monaten ist Weihnachten. Zur Feier des Tages machen wir einen Ruhe- und Waschtag.
Saubere Kleidung, ein sauberes Fahrrad und eine saubere Frau – was kann einen Mann mehr erfreuen?

An der Tankstelle im Nachbarort gibt es drei Waschplätze. Obwohl man laut Anzeige am Münzeinwurf mit 50 Cent, einem oder zwei Euro bezahlen kann, funktionieren nur 1-Euro-Münzen. In diese haben wir die 50-Cent-Stücke beim Tankwart umtauschen lassen, die wir bei den vergeblichen Versuchen, die Waschplätze zu nutzen, in den Anlagen gefunden haben.
Ein sauberes Fahrrad und mehr Geld in der Börse als vorher – man muss auch mal Glück haben im Leben.
Mittwoch, 25. September
Heute geht es vorwiegend auf Forstwegen durch den Naturpark Serra d’Irta. Die Quellen sind versiegt, die Schlange hat sich zu schnell für ein Foto verkrümelt. In Erwartung einer für uns schönen, aber für die Leser langweiligen Tour habe ich vorsichtshalber dieses Foto geschossen.

Unverhofft kommt oft und so gibt es dann doch noch etwas zu berichten. Der vordere Riemen meiner rechten Sandale hat den Geist aufgegeben. Hitze, schweißnasse Füße und eine Sandale ohne Seitenhalt sind nicht gerade ideal in diesem Gelände.
Mal sehen, was unser Ersatzteiltäschchen am Fahrrad für mich bereithält:

Die guten alten Kabelbinder (und NASA Klebeband) sollten an keinem Fahrrad fehlen.
Ein paar Minuten später kam uns ein Radler bergauf entgegen, der in einer Hand einen Ersatzreifen hielt. Nein – das Voderrad seiner Frau. Ein klassischer Platten. Der Radrucksack mit dem Flickzeug liegt noch in Aarau auf dem Tisch und er wollte im nächsten Ort einen Fahrradladen suchen.
Grosse Freude bei seiner Frau, dass er so schnell wieder zurück ist. Wir können mit zwei Flicken aushelfen und nach einer halben Stunde ist das Rad wieder einsatzbereit.
Eine Stunde später treffen wir die beiden in der Bar des Campingplatzes am Eingang des Naturparks, in der wir dann noch eine Weile versackt sind.
Donnerstag, 26. September
Was macht man, wenn für den Tag 35° gemeldet sind, man aber auf jeden Fall Fahrrad fahren möchte? Man fährt im Schatten. Idealerweise auf einer Eisenbahnlinie mit möglichst vielen Tunneln. Die Anfahrt mit dem Auto nach Xerta in den Bergen zur antigua línea de ferrocarril del Valle de Zafán dauert etwa eine Stunde. Da die Autobatterie ohnehin einmal wieder geladen werden muss, ist das nicht schlimm.

Belohnt, werden wir mit einer Strecke, die immer wieder angenehm kühle Tunneldurchfahrten bereithält.
Sofern das Ende eines Tunnels bei der Einfahrt nicht sichtbar ist, wird der Tunnel beim Passieren einer Lichtschranke automatisch beleuchtet.

Falls das einmal nicht funktioniert, kommt die elterliche Stirnlampe zum Einsatz.
Im Strandrestaurant lassen wir einen perfekten Urlaubstag ausklingen.
Freitag, 27. September
Durch die Serra d’Irta geht es heute mit leichter, gleichmäßiger Steigung zum Castillo de Xivert. Zwei Bilder vom Tagesziel und der Bericht sollte eigentlich zu Ende sein.


Zu früh gefreut. Auf der Abfahrt rutscht mir das Vorderrad weg. Der Hirsch wirft mich ab und begräbt Yvonne unter sich. Ergebnis ist diese schicke Bikerflechte.

Eine Prellung an der Schulter verursacht allerdings den größeren Schmerz. Damit Yvonne diesen noch etwas länger genießen kann, gibt der Vorderreifen auf dem Weg zur nächsten Stadt mit Eis zur Kühlung der Schulter kontinuierlich Luft ab. Zum Glück reicht einmal Pumpen, um den Ort zu erreichen.
Während Yvonne sich um ihre Wundversorgung kümmert und anschliessend einen Kaffee trinkt, repariere ich den Reifen.
Leider hält der Flicken nicht richtig und so müssen wir hin und wieder zum Pumpen anhalten. Die Hoffnung, unseren Campingplatz dennoch in kurzer Zeit zu erreichen, schwindet schnell ‐ die Intervalle bis zum Pumpen werden immer kürzer.
Nach einer zweiten Reparatur passt alles und so erreichen wir zügig den Capinplatz.
Samstag, 28. September
Ruhetag. Nur drei Aufgaben: Kochen, Essen, neue Mäntel für das Tandem. Dank an die Kinder, die mich zum Geburtstag mit extrabreiten Schlappen versorgt haben.
Zum Abschluss des Tages: am Strand abhängen.

Sonntag, 29. September
Irgendjemand hat heute den Campingplatzmagneten eingeschaltet. Wir sind einfach nicht weggekommen.

Montag, 30. September
Die wichtigsten Touren der Region haben wir abgefahren und so beschliessen wir, nach Barcelona umzuziehen. Für Mittwoch ist Regen angekündigt – ideal für eine Stadtbesichtigung.
Vom Campingplatz aus kann man die Beschriftungen der Sitzreihen unter den Gepäckfächern der landenden Flugzeuge lesen, während diese sich in der letzten Kurve des Landeanflugs befinden. Da habe ich wohl bei der Recherche auf der Karte das Areal des Flughafens in unmittelbarer Nachbarschaft zum Platz übersehen.
Da es außerdem nur wenig geeignete Bäume für unser Zelt gibt, fahren wir weiter nach Blanes in eine Region, die wir bereits kennen.
Kurz nach uns trafen auf dem Campingplatz 2 Männer ein, die für sich eine besondere Form des Reisens gefunden haben.

Dienstag, 01. Oktober
Endlich wieder im Wald. Wir fahren auf teils bekannten, teils neue Routen durch das hügelige Hinterland. Wir bleiben auf breiten Forstwegen und die Schlaglochdichte ist so gering, dass Yvonnes geprellte Schulter nicht allzu viel verkraften muss.

Mittwoch, 2. Oktober
Wie angekündigt, entwickelt sich der Tag von Sonnenschein zu Regen. Das bedeutet, am Campingplatz abhängen, am Strand spazieren und durch den Ort flanieren.
Yvonne hätte gerne einige Espandrillos. Die Geschäfte rund um unseren Campingplatz haben ihre „Touristenware“ schon abverkauft. Allerdings gibt uns ein Verkäufer den Tipp, ein Schuhgeschäft in der Stadt aufzusuchen und dort nach dem spanischen Original zu fragen: Espardañas aus eigener Fertigung.
Ganz auf deutsche Touristen eingestellt, hat das Geschäft natürlich am Mittwoch Nachmittag geschlossen.
Wir fotografieren die Auslage und so kann Yvonne heute Nacht für den morgigen Besuch eine Vorauswahl treffen.

Abends essen wir bei auffrischendem Wind und sinkenden Temperaturen zum ersten Mal in diesem Urlaub im Inneren eines Restaurants.
Donnerstag, 3. Oktober
Was gibt es Erfrischenderes, als wenn man nachts auf die Toilette muss und beim Verlassen des Zelts knöcheltief im Wasser steht? Natürlich der Regenguss von oben, der dafür sorgt, dass bei der Rückkehr alles, was nicht unter der Regenjacke steckt, durchnässt ist.
Die Autobatterie hat am Abend vorher ihren Geist aufgegeben und so fummle ich im Dunkeln ein paar trockene Klamotten aus meiner Reisetasche auf dem Rücksitz zusammen. Das Umziehen unter dem schmalen Überhang des Zelts klappt erstaunlich gut und so schlüpfe ich nach etwa 20 Minuten weitgehend trocken wieder in meinen Schlafsack.
In einem Bodenzelt wäre die Nacht ereignisreicher verlaufen. Als wir morgens aus den Zelt klettern zeugen nur noch vereinzelte Pfützen von der nächtlichen Sintflut.
Neue Erkenntnis: Trockene Klamotten ins Zelt, Regenjacke und Handtuch ans Zelt.
Während unsere Sachen trocknen, radeln wir in die Stadt und…

Was macht eine Frau glücklicher als neue Schuhe?
Nachmittags ziehen wir ein letztes mal um, um uns in der Nähe von Palamós mit frischem Olivenöl des Erzeugers unseres Vertrauens einzudecken. Der eine oder andere Leser kann sich vielleicht noch an unseren Reisebericht aus dem Jahr 2022 erinnern…
Freitag, 4. Oktober
Nachdem wir gestern Nachmittag zum Olivenhain geradelt sind, wissen wir bereits, dass das Öl inzwischen in einer Kooperative verkauft wird. Diese steuern wir nach einem ausgiebigen Frühstück in der spätsommerlichen Sonne an.
Leider ist die letzte Ernte bereits ausverkauft und die diesjährige Pressung läuft noch. Sie wird erst Ende Oktober verkauft – zum Glück auch über das Internet.
Weiter geht es in die Berge zur Kapelle von Fitor nebst Bar mitten im Nirgendwo des katalanischen Hügellandes. Auch dort waren wir vor zwei Jahren bereits.

Der Eigentümer erkennt uns sofort wieder und ist sichtlich erfreut, dass wir mal wieder bei ihm vorbeischauen. Er zeigt uns einen Platz, an dem wir beim nächsten Besuch unser Zelt zum Übernachten aufhängen können. Inzwischen kennen wir auch die beste Auffahrt, um auch mit Gepäck bis nach oben zu kommen.
Für morgen Vormittag ist noch ein Besuch am Strand geplant, bevor wir anschliessend unsere Heimreise antreten.
