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Italien 2025

Wir haben beide noch eine Menge Urlaubstage übrig, sodass sie für drei Wochen reichen. Genug, um mit dem Auto nach Rom zu fahren, dort unsere ehemaligen Nachbarn Antonio und Simona zu besuchen, anschließend die Fähre nach Palermo zu besteigen und von dort zurück nach Rom radeln.

Freitag, 19. September

Vor dem Urlaub ist nur ein Ölwechsel für die Nabenschaltung erforderlich. Als ich Freitag mittags das Tandem vom Radhändler abholen möchte, fällt uns auf, dass die Federgabel nicht federt. Bei der Prüfung springt uns das obere Ende der Federung entgegen. Ersatzteile sind natürlich nicht auf Lager, ich gehe unverrichteter Dinge wieder nach Hause und Stefan, der Radhändler telefoniert erst einmal mit dem Hersteller.

Während wir uns seelisch darauf vorbereiten, wieder einmal mit 2 Rädern zu fahren, kommt um 17 Uhr der erlösende Anruf: wir können das Tandem abholen.

Samstag, 20. September

Nach einer halbnächtlichen und eintägigen Fahrt kommen wir abends bei Antonio und Simona an.

Simona ist eine Meisterin des Urban Gardenings. Innerhalb kürzester Zeit hat sie es geschafft, die kleine Fläche vor ihrer Terrasse in Schriesheim in ein Meer aus Blumen und Kräutern zu verwandeln. Das klappt auch in einer betonierten Trabantenvorstadt Roms.

Sonntag, 21. September

Nach einem ausgiebigen Frühstück mit Antonio und Simona machen wir uns gegen Mittag auf dem Weg. Wir stellen unser Auto in der Nähe des Flughafen Roms ab, von dort sind es noch etwa 50 km bis zum Hafen in Civitavecchia sind.

Wir werden hin und wieder gefragt, wie wir unser Fahrrad im Auto transportieren. Hier ist die Antwort.

Abfahrbereit sind wir nach etwa 45 Minuten – Tandem ausladen, aufbauen, reisefertig machen, Gepäck umpacken, Fahrrad beladen, Radbekleidung anziehen, Auto als nicht stehlenswert herrichten.

Am Hafen treffen wir etwa 1 Stunde vor dem Beladen ein. Genug Zeit, um die leckere Pasta, die uns Simona vorbereitet hat, zu genießen.

Montag, 22. September

Dieses Monstrom hat uns heute um 11 Uhr in Palermo ausgespuckt.

Alles, was in eine dreiwöchige Radreise gehört, haben wir heute an einem Tag erlebt. Steile Anstiege und Abfahrten, frisch geteerte Alleen zwischen den Ortschaften, Schlaglochpisten in den Städten, Picknick am Strand, baden im Meer, Beinaheunfall mit Geschrei und Fahrerflucht, echter Unfall mit abgeschossener Vespa (beides als Zuschauer) Feierabendverkehr in Palermo auf dreispurigen Straßen und ein Platten.

Schlecht ist, wenn es in Palermo nur einen Campingplatz gibt. Gut ist, wenn man vorab im Internet geprüft hat, ob diese geeignete Bäume für ein Hängezelt hat. Schlecht ist, wenn man bei der Ankunft erfährt, dass diese Bäume unter Naturschutz stehen und nichts daran befestigt werden darf. Schweren Herzens bauen wir das Zelt auf der Erde auf. Seht, wie traurig es sich auf die Erde kauert.

Dienstag, 23. September

Nach einer erstaunlich gut überstandenen Nacht haben wir am Campingplatz ausgiebig gefrühstückt.

Von der heutigen Tour gibt es nicht viel zu berichten. Wir haben uns morgens durch den palermoschen Berufsverkehr zurückgekämpft, mittags die LKWs durch den Fährhafen gejagt und abends Baustellensprints durchgeführt. Insgesamt haben wir 102 km auf meist stark befahrenen Straßen an der Nordküste Siziliens zurückgelegt.

Das wichtigste Ziel jedoch haben wir erreicht: unser Zelt schwebt über der Parzelle und wird uns sanft in den Schlaf wiegen.

Nachricht an Simona: Wir haben die Zeit, die wir für den Aufbau des Zelts benötigen, nicht gemessen. Um den wackeligen Zaun nicht zu beschädigen, mussten wir die orangenen Bänder mehrmals umhängen, sodass wir länger als üblich beschäftigt waren.

Mittwoch, 24. September

Um 6:30 ist die Nacht zu Ende. Der einsetzende Regen treibt uns aus dem Zelt um die Wäsche abzuhängen. Sizilien wartet seit Monaten auf Regen –  aber muss es denn ausgerechnet heute erlöst werden? Um 10 Uhr ist die Regenfront weitergezogen und wir trödeln uns durch den Vormittag bis das Zelt wieder trocken ist.

Um 13 Uhr fahren wir los. Eigentlich wollen wir von einem der nächsten Bahnhöfe mit dem Zug nach Falcone reisen, etwa 100 Kilometer weiter. Allerdings wird das Wetter immer besser, die Straße immer schöner und die Autos immer weniger, so dass wir uns entschliessen, weiterhin mit dem Fahrrad zu fahren.

Um 16:30 brauchen wir jeder einen Kaffee und ein Croissant. In einer Bar in Acquedolci werden wir fündig.

10 Minuten später jubeln die Sizilianer heute zum 2. Mal:

Wir hatten heute zweimal Glück. Zuerst haben wir das Sonnenfenster erwischt und dann haben wir es bis zur letzten Minute genutzt, ohne uns über das Wetter Gedanken zu machen.

Mangels Campingplatz in der Nähe buchen wir uns ein Hotelzimmer im Ort.

Donnerstag, 25. September

Es hat Vorteile in einem sizilianischen Hotel mit eigener Bäckerei zu übernachten. Die Begrüßungskekse sind so gut verpackt, dass wir sie unangetastet lassen und für die heutige Etappe mitnehmen.

Nach einer fünfstündigen Fahrt über Nebenstrassen und Strandpromenaden erwartet uns nach dem bisher längsten Anstieg der Tour – 200 Höhenmeter – dort unten der Campingplatz.

Dort bauen wir in 13 Minuten unser Zelt auf und brauchen weitere 10 Minuten um es einzuräumen und das Gepäck regensicher unter ihm zu verstauen. Das Suche nach geeigneten Bäumen hat ausnahmsweise nur 3 Minuten gedauert.
Hier das Beweisvideo: https://youtu.be/Rcb10Xqorew.

Freitag, 26. September

Das sieht schon viel besser aus.  Unsere letzte Etappe auf Sizilien führt uns durch einen Naturpark auf 400 Metern, um nach Messina zu gelangen. Wenig Autos, saubere Luft, Ruhe.

Oben angekommen gibt es ein original sizilianisches Sandwich.

Leider gibt es in Messina keinen Campingplatz, sodass wir uns in einer festen Behausung einquartieren müssen.

Samstag, 27. September

Wenn wir uns einen Tag aussuchen müssten, an dem wir im Regen fahren, dann heute. 30 km Distanz, 1.400 Höhenmeter bergauf, 4 Stunden 10 Minuten reine Fahrzeit, 7 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit. Wer so langsam fährt, bekommt von unten kein Wasser gegen die Beine. Solange der Regen nur tröpfelt, kühlt er angenehm.

Die Regenschauer haben wir beim Einkaufen im Supermarkt, auf der Fähre und bei der mittäglichen Einkehr überstanden.

Am Zielort Gambarie ist gerade Pilz-Festival, wir bekommen Bandnudeln mit frischen Pilzen und als Nachspeise die Reste des gestrigen Kuchenbuffets – der Sohn des Hauses ist 18 geworden.

Auf die Bitte, ein Foto von uns zu machen,  erhalten wir die Antwort: „Kiss, kiss!“

Sonntag, 28. September

Übernachtet haben wir auf einem wunderschönen Picknickplatz mit fließend Wasser – zum Glück nur aus dem Brunnen.

Was am nächsten Tag folgt ist eine Etappe, die ich zu den Top 5 unserer weltweiten Radtouren zählen würde. Wir radeln die Cyclovia Parchi Calabria Radroute auf wenig befahrenen Nebenstrassen den Hauptkamm des Apennin entlang. Man könnte von hier oben, vorausgesetzt, es wäre nicht so regnerisch und nebelig, sowohl das ionische als auch das tyrrhenische Meer sehen.

Hin und wieder öffnet sich die Wolkendecke und man kann eines der Meere im Hintergrund erahnen.

Mittags nutzen wir ein Sonnenfenster und kochen das 1. Mal auf unsere Reise selbst.

Na gut – Yvonne kocht und ich dränge mich ins Bild.

In einer Monsteretappe von 90 km und 1.600 Höhenmetern schaffen wir es bis kurz vor Fabrizia, wo wir hinter einem Brunnen im Wald übernachten.
Das Zelt hängt, alle Taschen sind regensicher unter ihm verstaut, nur der frisch geduschte Uli steht noch nackt im Wald als der Regenschauer losgeht. Nun weiss ich, wie man auch in einer solchen Situation trocken und warm in seinen Schlafsack kommt.

Montag, 29. September

Eigentlich würden wir gerne den Apennin noch etwas weiter entlang radeln. Wetterbericht und Tourplanung sprechen allerdings dagegen. Von oben haben wir gestern immer wieder das schöne Wetter an den Küsten gesehen, so dass wir uns entschliessen, abzuradeln.

Bevor wir den strahlenden Sonnenschein am Meer erreichen, schickt uns das Gebirge noch mal einen heftigen Regenguss. Danach sieht die Welt schon viel freundlicher aus, auch wenn uns eine Baustelle zu einem Umweg mit zusätzlichen Höhenmetern zwingt.

Wir müssen feststellen, dass die meisten Campingplätze am Meer bereits geschlossen haben. In einer Pension nahe Marinella finden wir Unterkunft. Wir können endlich wieder richtig duschen, unsere Kleidung waschen, im Hof das Zelt und im Zimmer die restlichen Sachen aus den Taschen räumen und trocknen.

Dienstag, 30. September

Leser, die Route und Tempo unserer Reise auf der Landkarte verfolgen, fragen sich bestimmt, wie um alles in der Welt wir innerhalb der nächsten 10 Tage zurück nach Rom kommen wollen. Wir uns auch.

Deshalb haben wir heute über 200 km zurückgelegt. Die 175 km zwischen Lamezia und Sapri führen auf der Küstenstrasse direkt am Meer entlang. Die einzige Abwechslung besteht darin, dass man mal links und mal rechts der Eisenbahnlinie radelt. Wir entscheiden uns deshalb auf ihr zu fahren.

Die Damen am Ticketschalter diskutieren ausführlich, ob sie uns Fahrkarten ausstellen sollen. Wir erhalten sie nach dem Hinweis, dass wir unser Tandem zusammenklappen werden. Anders hätten wir ist nicht in den Waggon bekommen.

Der erste schöne Campingplatz hinter Sapri ist etwa 30 km und 500 Höhenmeter entfernt. Auf dem Pass angekommen schießen wir dieses Foto.

Im Hintergrund  unser Startort Sapri, oben das Dorf, in dem wir wie Radsporthelden beim Giro d’Italia angefeuert werden.

Auf den Campingplatz wollten sie uns nicht lassen, weil sie morgen schließen. Da wir nur eine Nacht bleiben wollen und das letzte Wohnmobil morgen abreist, nehmen sie uns auf.

Mittwoch, 1. Oktober

Nach einem ausgedehnten Frühstück im Hafen radeln wir die wenig befahrene, fantastische Küstenstrasse entlang. Auch die Mittagspause genießen wir ausgiebig in einem Küstenrestaurant.

Wir kommen mit Einbruch der Dunkelheit im Naturpark von Licosa an, in dem wir übernachten möchten. Wir finden ein schönes, von der Straße nicht einsehbares Plätzchen im Pinienwald am Strand.

Irgendetwas erscheint uns unheimlich. Nach ein paar Minuten entdecken wir eine zusammengezimmerte Behausung und verschiedene Konstruktionen aus Strandgut und einem alten Boot. Wir verzichten darauf, herauszufinden in wessen Vorgarten wir uns befinden und ob der Kollege gerade in seiner Hütte sitzt und mehr Schiss hat als wir.

Wieder auf der Straße fängt es an zu regnen und wir beschliessen, in die nächste Ortschaft zu radeln und ein Zimmer zu buchen. Über einem Wettbüro mit Sportsbar, in dem sich auch die Rezeption befindet, werden wir fündig. Trocken und warm schlafen wir über dem Jubel der Fussballfans ein.

Donnerstag, 2. Oktober

Des Radlers schlimmste Feinde sind: Berge, Sand und Gegenwind. Natürlich taucht letzterer dann auf, wenn es 40 km schnurgerade von Agropoli nach Salerno geht. Zwischendrin gönnen wir uns etwas Abwechslung von der Straße.

Natürlich darf auf einer Italienreise die Kultur nicht zu kurz kommen. Wie üblich, nehmen wir sie im Vorbeifahren zur Kenntnis. Im Bild sieht man den Neptuntempel in Paestum, einer grossen antiken Ausgrabungsstätte.

Freitag, 3. Oktober

Zusammen mit tausenden anderen Touristen wollen wir uns heute davon überzeugen, ob die Amalfiküste zu Recht zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt wurde.

Die einen genießen die enge, kurvige und steile Küstenstrasse entspannt im Linien- oder gecharterten Kleinbus. Wer sich traut nimmt einen Mietwagen und hofft, dass er ihn ohne Kratzer zurückbringt. Die Verwegenen nehmen eine Vespa. Und die Irren erfreuen besonders bergauf mit einem 70 kg schweren Fahrrad die anderen Verkehrsteilnehmer. Ein echtes Abenteuer.

An engen Passagen und Ortsdurchfahrten regeln Lotsen oder Polizisten den Verkehr. Davor gibt es lange Warteschlangen der Entscheidungsfindung – zusammen mit den Vespas überholen oder in den Abgasen warten.

Hurra, der Campingplatz in Sorrento hat noch geöffnet und wir nutzen die Chance im Zelt zu übernachten.

Samstag, 4. Oktober

Der heutige Tag beginnt mit einem entspannten Frühstück und dem Bad im Pool des Campingplatzes, im Hintergrund der Vesuv.

Im Büro habe ich erzählt, dass unsere Reise an allen Vulkan Italiens vorbei führt. Kommentar: „Hoffentlich bricht keiner aus!“ Antwort: „Hoffentlich doch!“ Reaktion: Griff an die Stirn.

Das Risiko einer Fahrradfahrt durch Neapel erscheint uns größer als ein Vulkanausbruch. so dass wir von Sorrento aus die Fähre nehmen. Damit ersparen wir uns eine Hälfte der Fahrstrecke, vom Hafen geht es stadtauswärts Richtung Pozzuoli. Im Bild Baumaßnahmen am abgetrennten Radweg im Tunnel.

Den Rest des Tages vertrödeln wir an der Strandpromenade und organisieren die kommenden zwei Tage.

Sonntag, 5. Oktober

Der Sturm peitscht morgens den Regen so stark gegen die Scheibe, dass ich mich nicht einmal traue, die Balkontür zu öffnen, um meine nassen Schuhe reinzuholen. Radfahren wäre heute kein Spass.

Simona, gebürtige Pozzuolianerin, hat uns beim Treffen in Rom den Besuch der örtlichen Therme „Stufe di Nerone“ empfohlen. Zum Glück liegt unser Hotel in unmittelbarer Nähe,  so dass wir in einer Regenpause kurz rüber laufen können.

Wir gönnen unseren Körpern einen Tag Erholung und füllen mit gutem italienischen Essen die Energiespeicher wieder auf.

Wo ein guter Tipp ist, gibt es meistens auch einen zweiten. Simonas Bruder betreibt in der Altstadt eine Bar – dort genießen wir unser Abendbrot.

Montag 6. Oktober

Wegen seiner hervorragenden Lage war Baia, der Nachbarort Pozzuolis, im Altertum das Monte Carlo Italiens. Alle, die Rang und Namen hatten, versammelten sich am Rande dieser wunderschönen, kreisrunden Bucht. Dummerweise, das obere Ende eines Vulkans.

Vor etwa 1700 Jahren senkte sich seine Innenfläche und nahm den Hafen und den unteren Teil der Gebäude mit ins Meer.  Klar, dass wir uns die Sache mit einem Glasbodenboot aus der Nähe anschauen müssen.

Mittags geht es ohne besondere Vorkommnisse weiter. Damit wir dennoch etwas zu erzählen haben, wechseln wir im Hotel zwei mal das Zimmer. Im ersten läuft das Wasser vom Waschbecken nicht in den Ablauf, sondern über den Fußboden. Im zweiten kommt aus der Dusche rostbraunes Wasser, was Uli leider erst beim Abtrocknen bemerkt.

Entschädigt werden wir mit diesem wunderschönen Sonnenuntergang.

Dienstag, 7. Oktober

Am Meer sind die Straßen sehr stark befahren, die Strände privat und die Campingplätze geschlossen. Der Wetterbericht meldet für die kommenden Tage stabiles, wolkenloses Hochdruckwetter und so entscheiden wir uns für eine Rückkehr zum Apennin.

Die Berge in der Region Lazium, in der wir uns inzwischen befinden, sind wesentlich niedriger als in Kalabrien und die Anstiege moderater. Wir genießen einen entspannten Tag auf dem Tandem.

Leider finden wir nicht rechtzeitig einen Platz, an dem wir unser Zelt aufhängen können und deshalb buchen wir eine private Unterkunft. Wir erhalten das Zimmer Pop Art. Da ist nachts bereits ziemlich kalt wird, bietet uns die Vermieterin zusätzliche Decken an. Wir lehnen dankend ab.

Mittwoch, 8. Oktober

Heute war der Tag der Hunde. Während wir in den ersten zweieinhalb Wochen nur einem aggressiven Hund begeget sind, wurden wir heute sieben mal, teilweise von mehreren Hunden gleichzeitig verfolgt. In den Anwesen am Wegesrand war heute „Tag der offenen Tür“.

Abgesehen davon radeln wir auf unbefahrenen Nebenstrassen durch weite Täler.

Abgesehen von einigen Hügeln am Anfang und einem 500 Meter hohen Schlussanstieg sollte die Tour flach sein. Umso mehr wundern wir uns, dass wir nicht so richtig vorankommen und am Ende 1.400 Höhenmeter aud der Uhr stehen. Der zweithöchste Wert unserer Reise. Im Bild der Blick zurück vom „Endgegner“ ins Tal.

Donnerstag, 9. Oktober

Was ist das Gegenteil eines Escape Rooms? – Enter Appartement! Bei der Buchung eines privaten Apartments über ein Buchungsportal ist der Zugang immer wieder ein Abenteuer.

Heute war es wie folgt: die Navigation führt uns zur falschen Adresse. Die Hausnummer stimmt, aber die Straße nicht. In der benachbarten Bar weiß zum Glück ein Gast, wie wir in die richtige Straße gelangen. Am Haus finden wir keinen Hinweis auf unser gebuchtes La Dimora dei Lago.
Nachdem der Autoteilehändler von nebenan sein Telefonat beendet hat, kommt er zu uns rübergeschlendert. Si si, La Dimora dei Lago. Er zeigt auf eines der Klingenschilder: B & B – vermutlich Bed and Breakfast, auch wenn es gar kein Frühstück gibt. Wir drücken auf die Klingel, aber nichts passiert.

Inzwischen hat der Mann einen jungen Nachbarn rausgeklingelt, der Englisch spricht und uns belustigt mitteilt, dass wir nicht die ersten Gäste sind, die sich hier die Beine in den Bauch stehen.

Es kommt eine Nachricht auf Italienisch über das Buchungsportal, die uns der Mann übersetzt. „Leider kann ich dich nicht auf WhatsApp finden, so dass ich dir nicht den Code für die Türen schicken kann.“ Ich bitte den Vermieter, mir die Codes per SMS zu schicken und tatsächlich treffen einige Minuten später zwei Nachrichten ein.

Die Tastatur zur Eingabe befindet sich direkt neben dem Klingelschild, der erste Code passt und ruckzuck sind wir im Treppenhaus. Nun gilt es, die richtige Tür zu finden. Wenn die übrigen Wohnungen noch klassischerweise mit Schlüssel geöffnet werden, sollte das kein Problem sein. Ich laufe am richtigen Apartment vorbei und Yvonne weist mich darauf hin, dass sich das Tastenfeld direkt auf dem Türknauf befindet.

Mit dem zweiten Code gelangen wir ins Apartment.

Nun kommt eine Knobel- und Geschicklichkeitsaufgabe. Wo und wie sichern wir nachts unser Tandem? Wir entscheiden uns für das Apartment. Unsere Erfahrung mit engen Treppenhäusern zahlt sich aus und so gelingt es uns schnell, das Bike in den ersten Stock zu wuchten.

Auch die Zahlenkombination für unser Zimmer funktioniert und nun sollte das Spiel eigentlich zu Ende sein.

Vor lauter Aufregung muss ich nämlich erst einmal auf Toilette. Es gibt sogar zwei: Toilette A und Toilette B. Beide scheinen besetzt zu sein, obwohl wir den Eindruck haben, wir sind die einzigen Personen in der Wohnung.

Zum Glück finde ich in unserem Zimmer sehr schnell einen Schlüssel, der für Toilette B passt. Damit ist auch das letzte Rätsel gelöst und das Unglück gerade noch abgewendet.

Freitag, 10. Oktober

Die heutige letzte Etappe führt uns zurück ans Meer. Vorher schauen wir allerdings noch in Castel Gandolfo, der päpstlichen Sommerresidenz vorbei. Dort treffen wir auf einen Kardinal mit direktem Draht nach oben.

Wir bitten durchzugeben, dass wir uns für eine unfall-, weitgehend pannenfreie sowie sonnige Reise bedanken. Selbst an den eineinhalb Regentagen konnten wir mit kurzen Radtrikots fahren. Wenn wir einen Wunsch äußern dürfen: eine letzte Nacht im Zelt wäre ein Traum.

Wieder am Meer fahren wir an einem Schild vorbei: Camping Internazionale di Castelfusano, 300 Meter links. Der Parkplatz ist leer, das Gitter zur Einfahrt verschlossen, eine Kette versperrt die Zufahrtsstrasse. Allerdings stehen drinnen einige Wohnmobile, die auch bewohnt aussehen. Der Fußgängerzugang steht einen Spalt offen und nach einem kurzen Spaziergang über den Platz erreiche ich die ebenfalls geöffnete Rezeption. Klar gibt es noch ein Plätzchen für unser Hängezelt.

Beim nächsten mal sollen wir erst 300 Meter fahren und dann links abbiegen, statt links abzubiegen und dann 300 Meter zu fahren. Dann klappt’s auch mit dem Haupteingang.

Gesagt – getan. Wir müssen nämlich noch 40 km fahren, um unser Auto abzuholen. Die Rückfahrt durch den römischen Feierabendverkehr dauert fast so lange wie die Hinfahrt mit dem Tandem. Dieses schattige Plätzchen ist es allerdings wert.

Fazit: eine fantastische Radreise durch Bella Italia.

Das Bergdorf Nemi am gleichnamigen See.